Raus aus dem Hamsterrad
Wie gelingt es, diesen Kreislauf zu durchbrechen? Wie schaffen wir Raum für Neues?
In meiner Beratungspraxis sehe ich oft, wie schwer es für Top-Entscheider und das mittlere Management ist, im Alltag spontan zu reagieren, wenn sie sich im Hamsterrad befinden.
Dieser Blogbeitrag bietet bewährte, scheinbar paradoxe Tipps aus der Praxis. Sie helfen Führungskräften, ihre eigenen Herausforderungen bewusst zu erkennen und erste, wirksame Strategien wie Impulskontrolle und Innehalten anzuwenden. So können sie sich aus dem Hamsterrad befreien und nachhaltige Veränderung schaffen.
Anstatt in hektischen Situationen sofort und impulsiv zu handeln, lohnt es sich, bewusst innezuhalten und die eigene Reaktion zu reflektieren. Dies hilft, klügere Entscheidungen zu treffen, die nachhaltig wirken, anstatt dem Risiko kurzfristige Eskalationen zu provozieren.
Das klingt zunächst paradox, denn häufig sind wir darauf konditioniert, sofort zu handeln. In akuten Situationen besteht jedoch die Herausforderung darin, das Problem zu erkennen und gleichzeitig das Verständnis dafür zu entwickeln, dass es nicht immer sinnvoll ist, sofort einzugreifen.
Was wäre, wenn wir in heißen Momenten erst innehalten und einen Überblick gewinnen? So könnte man ein Vorbild sein und zeigen, wie bedacht gehandelt wird. Der nächste Schritt: sich kurz distanzieren, bevor man reagiert.
„Schmiede das Eisen, wenn es kalt (oder lauwarm) ist.“ nach Haim Omer.
Im Konflikt eskaliere ich nicht direkt, sondern bestimme mein Verhalten selbst. Selbstbestimmte Führung führt zur Selbstreflexion beim Gegenüber.
Mehr dazu in meinen Blog zur Selbstführung lesen sie hier:
Führungsaufgabe „Schubumkehr Selbstführung vor Fremdführung“
2. Stossdämpferhaltung zu Problemen einnehmen
Durch das bewusste Zurücktreten von der Situation kann eine Führungskraft ein Problem objektiver betrachten. Diese Distanz ermöglicht, emotionale Reaktionen zu reduzieren und sich auf Lösungen zu fokussieren, die das Gesamtbild und die langfristigen Ziele unterstützen.
in Möglichkeit wäre es dem Team den Auftrag zu geben, sich zunächst einen Überblick zu verschaffen. Dafür gibt es verschiedene Ansätze. Zum Beispiel könnte das Team im Mob-Working gemeinsam herausfinden, wie es zu dieser Situation gekommen ist und welche ganzheitlichen Lösungen es gibt. Nach meiner Erfahrung ist dies der effektivste Weg.
Wie wäre es, wenn wir zu Beginn einer neuen Phase das Beste vom Team bekommen – auch wenn es auf den ersten Blick nicht als das Meiste erscheint? (A. Jessner)
Dabei ist es wichtig, die Aufgabe nicht nur an das Team zu delegieren. Auch die Führung sollte sich selbst einbringen.
Besonders wirksam und nachhaltig ist es, mit interhierarchischen Teams zu arbeiten.
Hier skizziert – wesentlich, dass Management und Teammitglieder eine gemeinsame Sicht herstellen, damit beide Seiten voneinander lernen und gemeinsam ihre Stärken einsetzen können.
Abb.: Interhierarchie © Anton Jessner
Mehr dazu hier:
3. Transparenz zuerst statt sofort in Lösung gehen
Bevor Veränderungen umgesetzt werden, sollte Transparenz über bestehende Probleme und Abläufe geschaffen werden. Das heißt, klar aufzuzeigen, wer was tut, wo Engpässe bestehen und welche Ressourcen fehlen. Diese Transparenz kann oft mehr bewirken als schnelle Entscheidungen, da sie ein gemeinsames Verständnis und Vertrauen im Team fördert.
Gemeinsames Verständnis gemeinsam mit dem Management herzustellen, damit dieses Hindernisse aus dem Weg räumt.
Der bewährte Satz ‘Was brauche ich von dir und du von mir, damit es gemeinsam gelingt’ darf und sollte gerade im Management-Kontext zur Anwendung kommen, um Zusammenarbeit und gemeinsames Erfolgsstreben zu fördern. (A. Jessner)
4. Reflextionsschliefen einbaueen
Hier ein Beispiel über Feedbackschleifen auf der Management Ebene mit Interhierarchie und auf der Team Ebene einzuführen:
Auf Management- und auf der Interhierarchie Ebene
- Wöchentlich 30 Minuten: Management Weekly auf GF-Ebene beider Unternehmen zur Abstimmung strategischer Themen.
- Alle 6-8 Wochen 60 Minuten: Management-Retro in einem interhierarchischen Team beider Unternehmen zur Reflektion der Zusammenarbeit und Optimierung von Schnittstellen.
- 3-4 Mal pro Woche 30 Minuten: Impediment-Synchronisation mit der GF der eigenen Organisation, Scrum Master, Product Owner und QS-Beauftragtem zur Klärung operativer Hürden und Ressourcen.
- Monatlich 1 Stunde: Management-Review zur Evaluation des Projektfortschritts im Hinblick auf KPIs und Meilensteine.
- Quartalsweise 90 Minuten: Strategisches Alignment-Meeting mit Schlüsselakteuren beider Unternehmen, um die Projektstrategie und die langfristigen Ziele zu überprüfen.
- 1 Mal pro Woche 1 Stunde: Cross-Company-Stand-Up zur Abstimmung und Synchronisation der Unternehmensziele mit den Projektzielen.
- Nach Bedarf: Ad-hoc-Meetings bei dringenden Themen, um schnelle Entscheidungen und Kurskorrekturen zu ermöglichen.
Auf Team-Ebene
- Erste 5 Wochen: Täglich 4 Mob-Sessions à 2 Stunden und 4 Retros à 10 Minuten pro Tag – 4 Mikrosprints pro Tag zur schnellen Anpassung und Verbesserung.
- Aktuell: 3-Tages-Sprints mit 30 Minuten Retro, 1 Stunde Sprint-Planning 1 (Sp1), mehrere Sprint-Planning 2 (Sp2) bei Bedarf, alle 1-2 Tage Refinements für detaillierte Aufgabenklärung.
- 2-mal täglich 10 Minuten: Sync zur täglichen Fertigstellung mit Team, SM, PO und QS zur Sicherstellung der kontinuierlichen Lieferbereitschaft.
Nach nicht ganz 2 Monaten konnten wir damit die Produktivität laut Auftraggeber verdreißigfachen.Abb. Performancesteigerung durch Feedback und Interhierarchie, © Anton Jessner
5. Vertrauen in Kombination mit Verantwortung aufbauen
Erkennen Sie, dass Sie nicht jede Entscheidung selbst treffen müssen. Geben Sie Verantwortung an Ihr Team ab und schaffen Sie Vertrauen, indem Sie ihnen Raum zur Entscheidungsfindung geben. Das entlastet Sie und fördert eine Kultur des Vertrauens und der Eigenverantwortung.
ACHTUNG: Oft wird die Bedeutung der Rückkopplung dabei übersehen. Ein regelmäßiger Austausch mit dem Management hilft dem Management, die Lage besser zu verstehen und gezielt Unterstützung anzubieten, damit Teams effektiver arbeiten können.
Ohne Rückkopplung der Teams an die Management scheitern agile Initiativen häufig, weil gut gemeinte Ansätze von Einwegdelegation ohne Rückkopplung snicht greifen. (A. Jessner)
Eine einfache Möglichkeit zur Rückkopplung bietet die Arbeit in flexibel organisierten interhierarchischen Teams.
6. „Organisatorische Ambidextrie“ kultivieren
Man sollte die Balanciertheit zwischen Stabilität – das Bestehen im Bestehenden – und Innovation – Das Entstehen von Neuem – im Unternehmen bewusst fördern. Dies bedeutet, Routinen und Beständigkeit einerseits beizubehalten, während man gleichzeitig Freiraum für Neues schafft.
Mehr dazu hier:
Zusammenfassung
Diese Praxis-Tipps fördern eine effektivere und reflektiertere Haltung zur Entscheidungsfindung. Sie stärken langfristig eine vertrauensvolle Unternehmensstruktur.
Mit meinen interhierarchischen Ansatz erreicht das Management zweierlei: Zum einen fördert es die eigene Selbstwirksamkeit (für sich als handelnde Personen und für die Teammitglieder), indem es einen klaren und unterstützenden Rahmen schafft. Zum anderen steigert es die Effektivität der Teams, da diese in einem Umfeld arbeiten, in dem Eigenverantwortung und Zielorientierung gefördert werden. So entsteht eine Win-Win-Situation, in der Management und Team gegenseitig voneinander profitieren und gemeinsam erfolgreich agieren. (A. Jessner)